
Es fängt an wie ein schlechter Scherz – aber keiner lacht.
Depression: „Guten Morgen!“
Ich: „Es ist 14 Uhr, lass mich in Ruhe.“
Aufstehen? Nur mit dem Kraftaufwand einer Saturn-V-Rakete.
Essen? Warum, wenn sowieso alles nach Pappe schmeckt?
Spaß? Irgendwo zwischen „meh“ und „vergiss es“.
Unterhalten? Ich konnte anfangs nicht mal sprechen. Ich saß einfach nur da – starrte aus dem Fenster oder schlief. Sprachlos im wahrsten Sinne des Wortes.
Mein Nervensystem war so überlastet, als hätte jemand alle Alarme gleichzeitig ausgelöst und dann das Betriebssystem runtergefahren. Reden? Zu anstrengend. Denken? Nur in Nebel. Kämpfen? Keine gute Idee. Mein Psychiater sagte: „Kämpfen Sie nicht – orientieren Sie sich an Ihrem inneren Kompass.“
Also ließ ich das Kämpfen und orientierte mich. Anfangs waren es 1-2 Seiten in einem Buch, dann ein bisschen Spazierengehen (okay, purzeln beschreibt es besser), später sogar wieder Handarbeit – und zwar mit echter Wolle, nicht an meiner Psyche.
Die Verzweiflung wich langsam der Hoffnung. Und mit der Hoffnung kam auch die Energie zurück. Und plötzlich – Schritt für Schritt – wurde alles wieder ein kleines bisschen leichter.
Warum ist bei Depression alles so verdammt schwer?
Kurze Wissenschaftspause:
Bei einer Depression ist das Gehirn in einem dauerhaften Alarmzustand. Die Amygdala, unser Angstzentrum, funkt SOS, während der präfrontale Kortex – zuständig für Entscheidungen, Motivation und Planung – sich lieber ins Bett legt und die Decke über den Kopf zieht.
Dazu kommt oft ein Mangel an Botenstoffen wie Serotonin und Dopamin – quasi das Netflix und das Popcorn unseres emotionalen Wohlbefindens. Kein Wunder also, dass selbst einfache Dinge wie Duschen plötzlich klingen wie eine Bergbesteigung im Schneesturm – ohne Hose.
Depression macht alles schwer. Aber schwer heißt nicht unmöglich. Manchmal reicht es, nur ein kleines Stück zu gehen, zu lesen, zu atmen. Und manchmal ist „aus dem Fenster gucken“ genau die richtige Entscheidung. Denn das Wichtigste: Du bist noch da. Und das ist nicht nichts – das ist ein verdammtes Wunder.
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